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Schlecht sehen im Dunkeln: Bin ich etwa nachtblind?


Bild: Sina Schuldt/dpa/dpa-tmn

Manchen Menschen bereitet das Sehen bei Nacht besonders große Probleme. Ein Begriff, der vielen Menschen in den Kopf schießen dĂŒrfte: Nachtblindheit. Die ist allerdings ein seltenes PhĂ€nomen, meist stecken andere Ursachen hinter schlechtem Sehen bei Nacht. Die wichtigsten Fragen - und Antworten darauf: 

Ganz generell: Warum sehen wir im Dunkeln schlechter als am Tag?

DafĂŒr muss man sich ansehen, wie Sehen ĂŒberhaupt funktioniert. «Wir haben lichtempfindliche Zellen, die auf das Dunkel (StĂ€bchen) und die Helligkeit (Zapfen) spezialisiert sind», sagt Prof. Ulrich Kellner, Ă€rztlicher Leiter und GeschĂ€ftsfĂŒhrer des Augenzentrums in Siegburg. Sie sitzen in der Netzhaut unseres Auges. 

Die Zapfen haben eine höhere Auflösung und Farbwahrnehmung. StĂ€bchen hingegen haben die StĂ€rke, dass sie auch sehr schwaches Licht in ein Signal umwandeln können, mit dem unser Gehirn etwas anfangen kann. Das hat allerdings nĂ€mlich seinen Preis, dann ist nĂ€mlich die «Auflösung schwĂ€cher und das Sehen schlechter», so Kellner. Farben können die StĂ€bchen ĂŒbrigens nicht wahrnehmen, nur Grautöne. 

Warum sehen manche Menschen im Dunkeln deutlich schlechter als andere?

DafĂŒr gibt es verschiedene, mögliche GrĂŒnde - nur selten steckt eine echte Nachtblindheit dahinter. Was sehr viel hĂ€ufiger vorkommt: Kurzsichtigkeit. 

«Viele Patienten sagen: Sie sehen nachts nicht so gut. Aber sie meinen nicht, dass sie im Dunkeln schlecht sehen, sondern dass ihnen ein Auto entgegenkommt und sie durch die Blendung schlecht sehen», sagt Ulrich Kellner. Eine mögliche ErklÀrung: «Kurzsichtige Augen sind lÀnger, haben eine höhere Reflexion im Auge, dadurch sind sie empfindlicher auf Licht.»

Zudem können LinsentrĂŒbungen wie der Graue Star die Sicht verschlechtern. «Es gibt Licht, das durch die Linse fĂ€llt und dabei teilweise gestreut wird. Dadurch kommt es zu mehr Blendung», sagt Kellner. Besonders störend kann das bei entgegenkommenden Autoscheinwerfern sein.

Wann spricht man von echter Nachtblindheit?

Echte Nachtblindheit nennen Medizinerinnen und Mediziner Hemeralopie. Dabei ist die Funktion der StĂ€bchen beeintrĂ€chtigt oder sie gehen verloren - etwa durch erbliche Erkrankungen der Netzhaut. Ein Beispiel: Retinitis pigmentosa. «Diese Gruppe von Erbkrankheiten fĂŒhrt zur Zerstörung der Netzhaut. Erste Symptome sind oft eine zunehmende Nachtblindheit und ein eingeschrĂ€nktes Gesichtsfeld», sagt Ulrich Kellner. 

Echte Nachtblindheit ist ein eher seltenes PhÀnomen: Von der erblich bedingten Variante sind in Deutschland nach Angaben von Ulrich Kellner etwa 40.000 Menschen betroffen. 

Ursache fĂŒr Nachtblindheit kann aber auch ein Vitamin-A-Mangel sein. Vitamin A braucht der Körper nĂ€mlich, um das Sehpigment Rhodopsin in den StĂ€bchen zu bilden. Ein Mangel tritt in Deutschland aber nur selten auf, nach großen Darmoperationen oder schwerem Alkoholismus kann er vorkommen, so Kellner. 

Mögliche, aber ebenfalls seltene Ursache von Nachtblindheit sind Autoimmunerkrankungen, die eine Funktionsstörung der lichtempfindlichen Zellen mit sich bringen.

Wie wird Nachtblindheit diagnostiziert?

Die Frage, wann man bei schlechter Sicht im Dunkeln zum Arzt gehen sollte, ist fĂŒr Kellner leicht beantwortet: «Sinnvollerweise dann, wenn man subjektiv ein Problem hat.» Entscheidend ist also der Leidensdruck. 

Die Diagnostik von Sehstörungen im Dunkeln ist ein Fall fĂŒr ein hoch spezialisiertes Augenzentrum, sagt Christoph Friedburg, Oberarzt der Augenklinik am Uniklinikum in Gießen. Denn: «Es gibt einen einzigen GerĂ€tetyp in der typischen augenĂ€rztlichen Praxisausstattung, der in Grenzen Aussagen zur Sehfunktion in DĂ€mmerung erlaubt.»

Um der Ursache fĂŒr das schlechte Sehen im Dunkeln auf die Spur zu kommen, prĂŒfen AugenĂ€rztinnen und -Ă€rzte den Augenhintergrund und nutzen bildgebende Verfahren. Bei Verdacht auf genetische Ursachen können spezielle genetische Tests Klarheit schaffen. «Es gibt mehr als 300 Gene, die mit Netzhauterkrankungen zusammenhĂ€ngen», so Ulrich Kellner. 

Oft gibt das Alter des Patienten oder der Patientin schon einen Hinweis. «Wenn jemand jugendlich ist oder 20, vielleicht 25 Jahre alt, dann muss man eher eine anlagebedingte Störung vermuten. Bei Ă€lteren Patienten ab 50 ist eher von einer LinsentrĂŒbung oder einer altersbedingten Störung auszugehen», so Kellner. 

Schließlich entwickelten alle Menschen mit der Zeit einen Grauen Star, so der Augenarzt. Das PhĂ€nomen, auch bekannt als LinsentrĂŒbung oder Katarakt, kann schon mit 50 Jahren beginnen - oder aber auch erst mit 90.

Kann eine Behandlung dafĂŒr sorgen, dass es besser wird?

«In den "banalen" FĂ€llen ist eine Behandlung meist recht einfach», sagt Christoph Friedburg. Grauer Star sorgt dafĂŒr, dass man im Dunkeln schlechter sehen kann? Dann sind die Behandlungsoptionen klar: In diesem Fall kann eine Katarakt-OP sinnvoll sein, bei der die getrĂŒbte Augenlinse durch eine neue Kunstlinse ersetzt wird. 

In anderen FĂ€llen ist eine Behandlung nicht möglich - bei angeborenen Erkrankungen fehlen meist die Therapiemöglichkeiten. In seltenen FĂ€llen kommt allerdings eine Gentherapie infrage. «Beim RPE65-Gen gibt es eine Therapie, dadurch ist eine weitere Verschlechterung der Sicht verzögerbar», so Kellner. Diese Therapie sei jedoch nur fĂŒr etwa ein Prozent der von erblicher Nachtblindheit Betroffenen geeignet.

Ist die Nachtblindheit auf einen Vitamin-A-Mangel zurĂŒckzufĂŒhren, lĂ€sst der sich durch entsprechende PrĂ€parate behandeln. 

Was hilft Betroffenen im Alltag - und was nicht?

«Mit einer echten Nachtblindheit kann man tagsĂŒber Auto fahren, aber nachts sollte man nicht fahren», warnt Ulrich Kellner. Ob nun eine Nachtblindheit oder eine andere Sehstörung vorliegt: «Wenn man sich unsicher fĂŒhlt, dann muss man es lassen.»

Wo es geht, sollte man sich Licht anmachen, anstatt im Dunklen zu tappen. «UnfĂ€lle passieren hĂ€ufig auf schlecht beleuchteten Kellertreppen oder in Fluren», sagt Kellner. FĂŒr unterwegs rĂ€t er, immer eine Taschenlampe oder das Licht des Handys griffbereit zu haben.

Und was ist mit speziellen Nachtsichtbrillen? «Sie verbessern das Sehen im Dunkeln nicht und sind bei entgegenkommenden Autos völlig ĂŒberblendet, daher nicht sinnvoll», lautet die EinschĂ€tzung des Mediziners. NahrungsergĂ€nzungsmittel wie VitaminprĂ€parate seien bei normaler ErnĂ€hrung in Deutschland ebenfalls ĂŒberflĂŒssig.


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(11.02.2025)


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