Um Mitternacht vor die TĂŒr, das neue Jahr mit Knallerei begrĂŒĂen: fĂŒr viele ein Muss. Und fĂŒr unsere Ohren eine Belastung - gerade dann, wenn Raketen, Böller und Co. nur wenige Meter entfernt explodieren.Â
Was macht das mit unseren Ohren, was sind Anzeichen, dass es ihnen zu viel geworden ist? Lars Stöbe ist Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Helios UniversitĂ€tsklinikums Wuppertal und gibt im Interview Antworten.Â
Frage: Was mĂŒssen unsere Ohren da in der Silvesternacht mitmachen?Â
Lars Stöbe: Silvesterfeuerwerk besteht ja aus kleinen Explosionen, die eine sehr hohe LautstĂ€rke und einen kurzen Schalldruck haben. ImpulslĂ€rm nennen wir das. Er belastet das Innenohr sehr stark. Denn der Stoffwechsel der Zellen wird dadurch ĂŒberlastet, sie können ihre Arbeit nicht mehr wie gewohnt machen.Â
Dadurch kommt es zu Hörstörungen, die sich unterschiedlich Ă€uĂern können: ein WattegefĂŒhl auf den Ohren, ein Rauschen oder Piepsen oder dass man insgesamt schlechter hört. Das, was man vielleicht auch kennt, wenn man aus der lauten Disco kommt. Eine schwere Hörminderung bis hin zur Ertaubung sind auch möglich, aber selten.
TatsĂ€chlich reicht ein einziger, nah am Ohr gezĂŒndeter Böller, um diese Beschwerden auszulösen. Dann kann ein sogenanntes Knalltrauma vorliegen: Das ist der Fall, wenn eine Schalldruckwelle mit unter zwei Millisekunden Dauer mit ĂŒber 150 Dezibel aufs Ohr trifft.Â
Zum Vergleich: Normal sprechen liegt bei 65 Dezibel, ein Presslufthammer oder ein DĂŒsenflugzeug bei 120 Dezibel. Silvesterkracher können ĂŒber 140 Dezibel laut sein, wobei illegale Böller oft noch lauter sind.Â
ZĂŒnden die nahe am Ohr, kann es sogar zu einem sogenannten Explosionstrauma kommen, bei dem das Trommelfell mechanischen Schaden nimmt, also reiĂt. Das ist aber selten, also nicht der gĂ€ngige Fall, den wir in den Praxen und Kliniken sehen.Â
Frage: Was mache ich, wenn ich das GefĂŒhl habe: «Da stimmt etwas nicht mit meinen Ohren»?Â
Stöbe: Diese SchĂ€digungen sind in der Regel selbstlimitierend, wie wir sagen. Das heiĂt: Nach einer Phase der Ruhe und Erholung normalisiert sich das Gehör wieder. Doch Böller können auch HörschĂ€den verursachen, die nicht von allein wieder weggehen, sondern einer weiteren Behandlung bedĂŒrfen.Â
Wenn etwas passiert ist, empfehle ich: erst einmal raus aus dem LĂ€rm. Erst einmal gucken, dass man zur Ruhe kommt, gern auch eine Runde schlĂ€ft und gegebenenfalls ausnĂŒchtert. Man muss damit nicht sofort zum Notfallzentrum.
Allerdings muss man unterscheiden: Wenn man nur ein dumpfes OhrgefĂŒhl oder ein bisschen OhrgerĂ€usch hat, kann man sicherlich erstmal abwarten, bis man es abklĂ€ren lasst. Da reicht meiner EinschĂ€tzung nach der nĂ€chste Werktag.Â
Hört man allerdings gar nicht mehr, treten Ohrenschmerzen auf oder es lĂ€uft FlĂŒssigkeit aus dem Ohr, dann sollte man direkt am Folgetag zum HNO-Arzt, etwa in der Notfallambulanz, um auszuschlieĂen, dass eine schwere Hörminderung auftritt oder gar das Trommelfell gerissen ist.Â
Frage: Wie kann man seine Ohren gut schĂŒtzen, damit es gar nicht so weit kommt?Â
Stöbe: Sinnvoll ist ein Gehörschutz. Sich allerdings bloĂ etwas Watte oder auch den Ohrstöpsel, den man als Einschlafhilfe nutzt, ins Ohr zu packen, reicht wahrscheinlich nicht aus. Da wiegt man sich womöglich in falscher Sicherheit. Es muss schon ein professioneller Gehörschutz sein, wie man ihn vielleicht von der Arbeit kennt.Â
Entscheidend ist auch, dass man sich an die Gebrauchsanweisung der Böller hÀlt, nur legale verwendet und möglichst viel Abstand hÀlt. Abstand ist tatsÀchlich das Allerwichtigste.